Februar 2019


Gisbert zu Knyphausen
Support: Yippie Yeah

So
10

20:00
Kesselhaus
Konzert

„Tief in dir brennt ein Licht, das du nicht

das du nicht zu fassen bekommst.“

Niemand

Sieben Jahre! Das muss man sich mal vorstellen, was das in Stunden, Nächten, Atemzügen ist. Auf jeden Fall eine Menge Zeit ohne neue Lieder von Gisbert zu Knyphausen, dessen Lieder so vielen Menschen beim Leben helfen. Vor sieben Jahren ist sein letztes Album erschienen, das neue heißt Das Licht dieser Welt. Dazwischen ist viel passiert, auch Musik, dazu später mehr. Jetzt erstmal Freude, dass er wieder da ist, denn einen wie ihn gibt's da draußen nicht, wo seit Jahren immer mehr Musiker auf Deutsch singen, aber eben nicht wie Gisbert. Sie überziehen alles mit Sepia, kondensieren die Komplexität des Daseins auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, damit sich das Menschlein nicht mehr so allein fühlt in der großen weiten Welt – Pathos, Trost und Durchhaltehymnen. Bei Gisbert war das schon immer ganz wunderbar anders. Er geht nie in die Breite, sondern immer in die Tiefe, mitten rein in das Wesen der Dinge. Er berührt die Menschen mit seinen Texten wie kein anderer. Er hat eine Sprache gefunden für das, was wir fühlen aber so schwer greifen können. Er schraubt einem das Herz auf und den Kopf, gibt keine Auswege oder billigen Ratschläge, sondern etwas viel Wertvolleres: Erkennen und Erkenntnis. Seine Poesie weitet den Blick, seine Melancholie neigt sich ins Licht, und bei all dem Schmerz und all der Sehnsucht ist da immer auch Hoffnung, dieses wunderbare Weiter, eine Liebe zum Leben und zu den Menschen. Kaum ein deutscher Musiker wird so innig von seinen Anhängern verehrt wie er, deswegen geht jetzt ein Seufzen durchs Land, denn Gisbert zu Knyphausen hat ein paar neue Lieder geschrieben.

„Kaum ist die Nabelschnur ab,

schon stehen wir alle auf dem Schlauch.“

Das Licht dieser Welt

Also: neues Album, zwölf neue Stücke, großes Hallo, altes Glück und ein paar Überraschungen. Wo soll man da nur anfangen? Es gibt zwei Songs mit englischen Texten und einen, der hat keinen. Es gibt sie wieder, die definitiven Lieder, also jene, bei denen man denkt: Besser kann man das nicht in Worte fassen. Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand zum Beispiel handelt von der Einsamkeit eines älteren Mannes in einer Großstadt, und wie sich das anfühlt – Gisbert benennt das nicht, er lässt es einen selber fühlen. Das Licht dieser Welt ist ein Lied, das man jedem neuen Menschen vorsingen möchte, immer und immer wieder, eine Liebeserklärung an jede neue Existenz. Kommen und Gehen handelt vom Sterben, Stadt Land Flucht vom Suchen, Dich zu lieben von der Liebe, davon, wie es ist, sie gefunden zu haben, und in Cigarettes & Citylights geht's um die rasende Sehnsucht danach, endlich irgendwo anzukommen. Andere hätten daraus vielleicht eine Hymne auf die Heimat gemacht, aber Gisbert will niemanden verarschen, er lässt einen angenehm unangenehm berührt zurück mit der Zeile: „And you ́re so eager to keep moving on. You ́re digging a new hole, that you can crawl in and then call it your home. Your home.“ Toll! Wie überhaupt alles hier. Wie sich Licht und Schatten abwechseln, als würden die Wolken über den Himmel jagen, und mit wenigen Strichen ganze Gefühlswelten beschrieben und Geschichten erzählt werden. Das ist die vielleicht größte Neuerung in der Kunst des Gisbert zu Knyphausen: Er erzählt weniger von sich und mehr von den Menschen, findet in den Leben der Anderen das, was seine Texte so besonders macht – diesen Kern, diesen unstillbaren Drang, unser Suchen und Versuchen, mit dem Dasein und uns selber klar zu kommen und das Glück zu finden, das Wesen der Dinge, das Licht der Welt.

Auch musikalisch hat sich einiges geändert. Die Musik ist offener geworden, vielseitiger. Gisbert hat neue Musiker um sich geschart und das Korsett des Liedermachers vollends gesprengt, es sind weniger Gitarren zu hören, dafür Vibraphone, Posaunen, Trompeten, Synthesizer und ein Klavier. Natürlich ist das alles viel zu schnell vorbei. Die Reise endet mit dem fröhlich rumpelnden Etwas Besseres als den Tod finden wir überall, einem Song, den der verstorbene Nils Koppruch begonnen und Gisbert nun beendet hat, dann noch ein Klavierstück – Luftholen, Repeat. Hoffen wir, dass es nicht wieder sieben Jahre dauern wird bis zum nächsten Album. Gisbert sagt, wird es nicht.

„Ach Liebling, ich bitte dich! Es war doch nur ein Scherz!

Ich weiß noch genau was wir hier wollten. “

Unter dem hellblauen Himmel

 Was war denn eigentlich los? Rückblick: 2008 erschien das Debütalbum Gisbert zu Knyphausen, zwei Jahre danach, vor sieben Jahren also, Hurra! Hurra! So nicht., und wieder zwei Jahre später das erste und letzte Album von Kid Kopphausen, der Band, die Gisbert mit dem großartigen Nils Koppruch gegründet hatte. Dessen Tod warf ihn aus der Bahn. Er ging mit der Kid Kopphausen-Band auf eine Tour, die immer länger wurde, Trauerarbeit, reiste nach Russland, Iran, Albanien, lebte längere Zeit im Süden Frankreichs, schrieb das geniale Kinderlied Immer muss ich alles sollen, spielte Bass in der Band von Olli Schulz, kümmerte sich um das jährlich stattfindende Festival 'Heimspiel Knyphausen' auf dem Weingut seiner Familie und nahm mit dem Produzenten Moses Schneider und dem Musiker Der dünne Mann unter dem Namen Husten eine EP auf, die klingt, als hätten die Drei viel Spaß gehabt. Im Winter 2015/2016 begann er mit der Arbeit an den neuen Liedern zu Das Licht dieser Welt und ging im Herbst darauf das erste Mal seit längerer Zeit wieder auf Tour. Die Säle waren voll, und wie immer hörte man jede umfallende Bierflasche, so still war es, wenn Gisbert seine Lieder sang. Jetzt gibt es endlich neue, viel ist geschehen, nennen wir's Leben. Das Licht dieser Welt ist voll davon, die Musik hat sich verändert, die Worte suchen auf neuen Wegen nach einer Beschreibung der Wirklichkeit, und noch etwas ist anders: Auf Gisberts Gitarre klebten jahrelang drei Aufkleber: einer von Kid Kopphausen, einer von der Schweizer Band Schöftland, und auf dem dritten stand „Musik ist scheisse“. Die sind jetzt alle ab. 

Tino Hanekamp

Support: Yippieh Yeah (Melancholic Indiepopcorn)
Seit einem Jahr fegen die drei Berliner Bandmitglieder Marlène Colle, Kristina Koropecki (Agnes Obel, Kliffs) und Peter Bartz (Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi) nun schon über die Bretter Deutschlands und hinterlassen berührte, begeisterte, nachdenkliche, überrumpelte und amüsierte Zuschauer. E-Gitarre, Cello, Keyboard, Mellotron, Glockenspiel und Drumset wecheln sich ab und untermalen die klaren Stimmen der Leadund Backing Vokalistinnen. Mal auf englisch, mal auf deutsch, zwischen Ironie und bitterem Ernst, genussvollem Scheitern und ehrlicher Verletzbarkeit besingen sie die Welt, ihren Untergang, das Leben, die Liebe und das Muttersein. Zur Support - Tour kommen Marlène und Kristina mit 'Minipeter' aka Organell angereist. Was das ist? Unbedingt anhören!

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